WAS BRAUCHEN TRAUERNDE KINDER?

Meine Antwort darauf ist: «Fragen wir die Kinder.»

Es häufen sich Fragen an uns, wie der Umgang mit Kindern bei den Themen Sterben, Tod und Trauer gangbar ist, was das Richtige ist oder was soll nicht getan werden…? Diese Fragen sind wichtig, weil sich die betroffenen Menschen und Erziehungsberechtigten Gedanken machen, gleichzeitig spiegeln sie die Unsicherheit und Unwissenheit von uns Erwachsenen in diesen Themen wider.

Wichtig zu wissen ist, dass Kinder trauern, wie sie leben – im Hier und Jetzt! In Fachkreisen sprechen wir auch vom Trauerpfützen springen. In einem Moment von fröhlich zu tieftraurig, im anderen Moment von traurig zu vergnügt – Kinder springen rein und wieder raus… Kinder leben im Moment und stellen Fragen dann, wenn sie ihnen in den Sinn kommen – für uns Erwachsene oft in den scheinbar ungünstigsten Momenten. Das Todesverständnis von Kindern ist altersabhängig und verändert sich mit dem Älterwerden der Kinder. Je älter die Kinder werden, desto mehr begreifen sie die Tragweite eines Verlustes.

Vorab möchte ich sagen: Ein Patentrezept gibt es nicht! Jede Situation, jede Familie ist anders und so ist auch jede Reaktion auf einen erlittenen Verlust anders. Trauer ist grundsätzlich eine gesunde und normale Reaktion auf einen erlittenen Verlust und kann sich mit einer grossen Bandbreite der Gefühle und Verhaltensweisen zeigen.

Als wichtiger Punkt sind die Begrifflichkeiten erwähnenswert. Wenn ein Mensch stirbt, ist er nicht eingeschlafen. Denn wer einschläft wacht wieder auf! Die Person ist nicht auf eine Reise gegangen. Denn wer in die Ferien fährt kommt früher oder später wieder nach Hause und muss vor allem Gepäck dabeihaben! Es ist wichtig, dass wir von Tod, sterben oder gestorben … sprechen, wenn ein Mensch gestorben ist.

Es ist wichtig, den Kindern ihre Fragen altersgemäss zu beantworten. Antworten zu bekommen, gibt Sicherheit und Schutz in einer erschütternden Zeit. Wenn Erwachsene nicht in der Lage sind auf die vielen konkreten und manchmal auch «technischen» Fragen von Kindern einzugehen, ist es lohnend Hilfe zu holen. Eine Trauerbegleitung in Anspruch nehmen (für sich selbst oder für die Kinder) oder nahestehende, stabile Personen zu bitten diesen Teil der Kommunikation zu übernehmen (im ersten Moment). Nachbarn, Gotte oder Götti können für Kinder bei einem nahen Verlust in der Familie wichtige Bezugspersonen sein oder werden. Eine weitere Möglichkeit, die Kinder schätzen, ist die Tatsache, dass Erwachsene auch nicht immer alles wissen. Sich zusammen auf Spurensuche zu begeben und nach Antworten zu suchen, kann auch für Erwachsene eine Entlastung sein. Wir müssen und können selbst nicht immer alles wissen…

Ein weiterer wichtiger Punkt scheint mir: Kinder brauchen Abschiede. Kinder können einbezogen werden in das Abschiednehmen und gefragt werden, was sie möchten, was sie brauchen. Diese Prozesse brauchen Zeit und vielleicht auch ein Nachfragen und Erklären. Wenn ein Geschwisterkind stirbt, verliert ein Kind seinen Bruder oder seine Schwester. Wenn ein Elternteil stirbt, verliert ein Kind seine Mama oder seinen Papa, wenn die Grosseltern sterben, verlieren Kinder ein Grosi oder einen Grosspapa, … – die Kinder sind immer in Beziehung zu verstorbenen Menschen und diesem Beziehungsgeflecht gilt grosse Achtsamkeit und Aufmerksamkeit zu tragen. Wenn Kinder eine verstorbene Person noch einmal sehen möchten, sollten wir ihnen das ermöglichen – auch wenn die persönliche Erfahrung diesbezüglich in der Erinnerung keine guten sind – nicht von sich auf die betroffenen Kinder schliessen. In einer liebevollen, begleitenden Atmosphäre, mit Erklärungen vorab und einer erwachsenen Person an der Seite, dürfen wir es den Kindern zuTRAUEN und zuMUTen diesen schweren Gang zu machen.

Es ist wichtig, die Kinder in ihrer Trauerfähigkeit zu unterstützen und mit ihnen zusammen die Gefühle und Verhaltensweisen zu benennen, die nach einem Verlust auftreten können. Nur ist das manchmal nicht so einfach, wenn die Fragen der Kinder drängend sind und meistens in den ungünstigsten Momenten kommen, wenn die Trauer gross ist, oder wenn ich selbst nicht weiss, was mit mir passiert oder selbst in grosser Betroffenheit bin als Eltern oder Bezugspersonen.

Und zum Schluss noch ein Gedanke: Wir alle sind Kinder unserer Eltern und gerade bei einem nahen Todesfall, wenn die Welt aus den Fugen zu geraten scheint, greifen wir zurück auf bewährtes, erfahrenes oder gehörtes. Ich finde es wichtig, dass wir uns in jeder Situation unsere eigenen Gedanken machen und gerade in Bezug auf die Kinder offen und unvoreingenommen die Situationen betrachten und einschätzen – also, «fragen wir die Kinder!»

Zu Kindertrauer und Kinder, die bei einem Todesfall involviert sind, gäbe es noch sehr viel zu sagen uns zu schreiben. Wir sind froh, über Wissen zu verfügen, dass für Kinder, ihre Eltern oder nächsten Menschen wichtig sein könnte in diesem Prozess. Mit der Ausbildung zur Familientrauerbegleiterin haben wir einen weiteren Grundstein gelegt in unserem Verständnis von umfassendem Bestattungsdienst. Wissen und Weiterbildung hilft im Arbeitsalltag den Fokus bewusst zu setzen und sicher zu beraten, zu handeln und zu begleiten.

Als Familientrauerbegleiterin biete ich Begleitungen auch über den Zeithorizont des Bestattungsbogens an.

Was sind ihre Erfahrungen? Teilen Sie diese mit uns und lassen Sie uns gemeinsam weiterlernen, wir sind offen für Rückmeldungen und freuen uns auf ihre Reaktionen.

 

Hier ein Link zu einem kurzen Film, der anschaulich die Themen aufgreifft.
Link zu Sarggeschichten über Kindertrauer, einfach hier anklicken

Und ein weiterer Link zu einem empfehlungswerten Podcast.
“Perspektiven” auf Radio SRF 1, hier klicken

 

Beitrag verfasst von Christa Roth